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Offener Brief Corona-Kontaktnachverfolgungs-Apps

Eric Lanfer • 08.04.2021

Wir fordern eine Anpassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung, um pseudonyme Kontaktlisten mittels der Corona-Warn-App zu ermöglichen

Sehr geehrte Mitglieder des Niedersächsischen Landtages,
sehr geehrte Landesregierung,
sehr geehrte Frau Landrätin,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

mit Erschrecken nehmen wir die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Kontaktdatenerfassung mittels digitaler Apps aus den Medien auf. Es wird zwanghaft versucht, ein juristisches und politisches Problem technisch zu lösen. Anstatt auf ein bewährtes und von Steuerzahlenden bereits finanziertes Projekt zu setzen, wird einem einzelnen Softwarehersteller anscheinend ein Monopol eingeräumt, ohne eine transparente Debatte und umfassende Prüfung von Alternativen.

In unseren Augen wird eine Lösung beschafft, welche es vermag das juristische Problem von Kontaktdatenlisten, welche sowohl Namen als auch Kontaktdaten beinhaltet, zu lösen. Diese Listen sollen unter anderem von Gastronomie und in der Kulturbranche über Gäste geführt werden. Fernab der Argumentation, dass es sicherlich weitere Anbieter*innen am Markt gäbe, welche ebenfalls diesen Anwendungsfall lösen könnten, möchten wir eindringlich dafür plädieren, die niedersächsische Corona-Verordnung dahingehend zu ändern, das Führen von pseudonymen Kontaktlisten zu ermöglichen. Es ergeben sich daraus die folgenden Vorteile:

  • Eine Nutzung der Corona-Warn-App für dieses Szenario wäre möglich. Das Einchecken in Veranstaltungen und Lokalen wird dort ebenfalls in Kürze unterstützt. Die Software ist bereits durch Steuergelder finanziert, es sind keine weiteren finanziellen Aufwendungen und die Verschwendung von Steuergeldern nötig.
  • Die Corona-Warn-App wurde bereits mehr als 25 Millionen Mal heruntergeladen. Viele Bürgerinnen vertrauen in diese App. Dies liegt hauptsächlich an den transparenten Entscheidungsprozessen, sowie der Entwicklung als Open-Source-Projekt, welche es der Community, sprich den Bürgerinnen ermöglicht an der Verbesserung der App zu partizipieren und Vertrauen durch Blick in den Source Code aufzubauen.
  • Die Funktion zum Einchecken in Gastronomie etc., wie sie gerade entwickelt wird, soll einen weiteren Anreiz und Nutzen der Corona-Warn-App schaffen, um die Anzahl der Nutzer*innen weiter zu erhöhen. Dies führt unmittelbar zu dem Effekt, dass das digitale Contact Tracing gestärkt wird und Infektionsketten noch besser und schneller erkannt und durchbrochen werden können.
  • Durch die Bluetooth-Abstandsmessung kann bestimmt werden, ob Personen nah beieinander waren oder nicht. So ist es möglich, Primärkontakte nach RKI-Definition zu erkennen. Die Gesundheitsämter hätten durch die Identifikation von Primärkontakten deutlich weniger Aufwand: Sie können sich auf diese zentralen Kontakte konzentrieren; statt lange Kontaktlisten von größeren Lokalen zu durchkämmen, in denen ohnehin hauptsächlich Sekundärkontakte einer infizierten Person vorliegen.
  • Für die Bürger*innen würde sich zudem ein Komfortvorteil bieten. Sie können alles aus einer Applikation beziehen, anstatt wie in manchen Modellprojekten aktuell vorliegend, sich drei verschiedene Apps installieren zu müssen, um einen Kaffee zu trinken. Hier wären Schnelltest, Contact Tracing, sowie das Einchecken in die Lokalität in einer einzigen App vereint.
  • Das Datenschutz-Konzept, als auch die Nutzung von temporären Pseudonymen welche wechselnd generiert werden, haben sich in der Corona-Warn-App bewährt und sind von führenden Datenschutz- und IT-Sicherheits-Forscher*innen, sowie NGOs für gut empfunden worden. Dies schafft Vertrauen. In aktuellen Debatten zeigt sich, dass dieses für die vom Land angedachte Lösung zurzeit dahinschwindet.

Wir fordern Sie auf: Setzen Sie auf das bestehende Vertrauen und auf die bestehende Lösung. Auch für die angestrebte Lösung muss die Verordnung angepasst werden. Machen Sie dies nachhaltig, schaffen sie Vertrauen, ermöglichen Sie die pseudonyme Erfassung von Kontaktlisten und stärken Sie das digitale Contact Tracing!

Für einen konstruktiven Austausch zum Thema und für Rückfragen stehen wir selbstverständlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Eric Lanfer
als Vorsitzender für den Chaostreff Osnabrück e.V.