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Stellungnahme zur Informationsfreiheitssatzung

Chaostreff • 29.11.2018

Sehr geehrte Damen und Herren, In der modernen, immer stärker digitalisierten Welt werden immer mehr Daten erhoben. Daten sind allerdings kein Selbstzweck, sondern kosten auch Geld – öffentliche Daten werden durch Steuergelder finanziert und gehören damit den Bürgerinnen. Damit sich diese Investitionen in Digitalisierung tatsächlich auch lohnen, müssen die Daten genutzt werden. Das sehen wir allerdings nicht nur als Aufgabe für Politk und Verwaltung, sondern auch als eine Möglichkeit für Bürgerinnen, die die Daten für ihre eigenen Interessen nutzen können. Abgeschottete Datensilos bringen niemandem etwas!

Daher fordern wir eine Informationsfreiheitssatzung, die Politik und Verwaltung zur Veröffentlichung von öffentlichen Daten verpflichtet, und dass darüber hinaus öffentlich geförderte Inhalte grundsätzlich mit offenen Lizenzen bereitgestellt werden.

Daten in offenen, gut dokumentierten Standards sind die Voraussetzung für eine zukunftsfähige IT. Ansonsten besteht immer eine Abhängigkeit zum Hersteller (“Lock-In-Effekt”), was häufig hohe Kosten mit sich bringt und Open Data wie auch offene Schnittstellen kaum möglich macht. Öffentlich verfügbare Daten fördern den Fortschritt in Wirtschaft und Wissenschaft.

Niedersachsen als europäisches Schlusslicht

Behörden sind im Besitz unzähliger unveröffentlichter Datensätze und Informationen. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz kann jeder Mensch auf Bundesebene und in den meisten Bundesländern ohne Angabe von Gründen Auskünfte von deutschen Behörden und Einblick in staatliche Dokumente verlangen. Ähnliche Regelungen gibt es mittlerweile in fast ganz Europa – in Deutschland gibt es neben Niedersachsen nur in Sachsen und Bayern noch kein Informationsfreiheitsgesetz (https://transparenzranking.de/).

Daten sind Fakten, Fakten schaffen Vertrauen

Das Handeln von Politik und Verwaltung soll für alle BürgerInnen transparent und nachvollziehbar sein. Um die demokratische Meinungsbildung und Teilhabe zu ermöglichen, ist möglichst umfassender, unmittelbarer und barrierefreier Zugang zu Informationen essentiell. So können Bürgerinnen und Journalistinnen das staatliche Handeln nachvollziehen, ohne von Dritten abhängig zu sein. In einer demokratischen, pluralen Gesellschaft sollten möglichst viele Menschen an der Nutzung und Auswertung von Daten beteiligt sein, um möglichst vielfältige und diverse Perspektiven auf die

Datengrundlagen zu bekommen.

Offene Daten in lokalpolitischen Entscheidungsprozessen Offene Daten bieten zusätzlich Vorteile für Politik und Behörden selbst, denn die Bereitstellung von öffentlichen Daten hilft falsche Entscheidungen rechtzeitig zu erkennen oder zu vermeiden und Planungsprozesse besser zu dokumentieren. Durch offene Formate können Datenquellen zusammengeführt werden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und die Lebensqualität in Osnabrück nachhaltig zu verändern – etwa indem wichtige gesellschaftliche Probleme wie Wohnraumknappheit analyisert werden können.

Offene Daten als Standortvorteil

Langfristig wird dafür auch neues Expertenwissen in der Verwaltung benötigt. Zugängliche Daten ziehen Experten auf dem Gebiet an und ermöglichen Forschung und Ausbildung in Schulen und Hochschulen der Stadt. So kann sich auch der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Osnabrück weiterentwickeln. Denn auf offenen Daten können Dienstleistungen aufgebaut und damit neue Unternehmen gegründet werden. So wird der Standort attraktiv für innovative Start-Ups.

Bürger*innen haben ein Recht auf offene Daten

Öffentliche Gelder machen die Datenerhebung überhaupt erst möglich. Von Politik und Verwaltung erhobene Daten gehören also den Bürger*innen, die dafür bezahlt haben. Sie sollten keine Bittsteller sein müssen, um diese Daten tatsächlich zu bekommen. Daher sprechen wir uns auch ausdrücklich gegen Gebühren für die Herausgabe von Daten und für möglichst geringe Ausnahmeregelungen aus, mit denen Auskünfte verweigert werden dürfen. Nur so kann eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen mündigen Bürgern, Politik und Verwaltung in einer modernen Demokratie sichergestellt werden.

Offene Daten fördern zivilgesellschaftliches Engagement und bereichern die Kulturlandschaft

Der offene Zugang zu Bildungsmaterialien und wissenschaftlichen Informationen fördert Bürgerbeteiligung und Innovation. Initiativen wie Code for Germany entwickeln mit offenen Daten zum Beispiel Apps, die die Qualität von Leitungswasser verdeutlichen oder Stolpersteine visualisieren und damit Geschichte greifbar machen. So können durch digitales Ehrenamt auch Vereine, Kulturzentren und Veranstaltungen sichtbar gemacht werden.

Offene Daten für Osnabrück

Bisher gibt es in Niedersachsen nur wenige Städte, die sich aktiv für offene Daten einsetzen – während die meisten anderen Bundesländer das Thema offensiv angehen: NRW beispielsweise mit dem Portal https://open.nrw/ sowie intensiver Vernetzung zum Thema mit dem Verein “Offene Kommunen NRW” oder auch Hamburg, das mit einem Transparenzgesetz öffentliche Daten sogar proaktiv zur Verfügung stellt: https://transparenz.hamburg.de/open-data/. Wir sehen offene Daten für die Stadt Osnabrück als einen dringend notwendigen Schritt, damit auch die Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft von vorhandenen Daten profitieren können. Denn Daten sind eben kein Öl, sondern ein wertvoller Brunnen – und sollten damit öffentlich zugänglich und nutzbar für alle sein. Wir hoffen, dass das in einem ersten Schritt mit einer Informationsfreiheitssatzung für die Stadt Osnabrück und auf lange Sicht durch ein Transparenzgesetz für das Land Niedersachsen möglich wird.

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